cc) Nichtauszahlungsklausel als Einschränkung der Lieferantenkreditdeckung (Exporteurs-Nichtauszahlungsklausel)
Da die Nichtauszahlungsklausel in der Finanzkreditdeckung erst greift, wenn der Finanzkredit „bereitsteht“, muss sichergestellt werden, dass die Haftung des Bundes aus der zugunsten des Exporteurs übernommenen Lieferantenkreditdeckung nur bezüglich solcher Risiken von Anfang an einsetzt, die vom Einsatz des gebundenen Finanzkredites unabhängig sind, bezüglich der abhängigen Risiken hingegen aufgeschoben wird, bis die Verpflichtung der Bank zur Auszahlung des Kredits besteht. Dies geschieht durch folgende Besondere Bedingung im Dokument der Lieferantenkreditdeckung:
Der Bund haftet aus der Gewährleistung nur, wenn der Kreditvertrag zur Finanzierung des Ausfuhrgeschäftes rechtsverbindlich abgeschlossen und in Kraft getreten ist, alle hierfür erforderlichen Genehmigungen erteilt sind und die in der Gewährleistungserklärung aufgeführten notwendigen Sicherheiten vorliegen.
Wird der Finanzkredit nicht oder nicht vollständig ausgezahlt, so besteht für den Fall der Nichtauszahlung des Finanzkredites Deckungsschutz nur, wenn und soweit
- der Schuldner die Auszahlung verhindert, obwohl er nach dem Ausfuhr- und Finanzkreditvertrag zur Inanspruchnahme des Finanzkredites verpflichtet ist
oder - eine gesetzgeberische oder behördliche Maßnahme im Ausland die Inanspruchnahme des Finanzkredites unmöglich macht
oder - durch kriegerische Ereignisse, Aufruhr oder Revolution die Inanspruchnahme des Finanzkredites unmöglich geworden ist
oder - der Bund der Nichtauszahlung des Finanzkredites zugestimmt hat
und die sonstigen bedingungsgemäßen Voraussetzungen für den Eintritt des Gewährleistungsfalles erfüllt sind.
Von der Gewährleistung ausgeschlossen sind jedoch alle Risiken, die sich daraus ergeben, dass nach dem Finanzkreditvertrag erforderliche Nachweise (legal opinions) nicht oder nicht rechtzeitig erbracht werden.
Bei der Exporteurs-Nichtauszahlungsklausel hat man es erkennbar mit einem recht komplexen Regelwerk zu tun. Der Eingangssatz enthält eine aufschiebende Bedingung im Sinne von § 158 Abs. 1 BGB. Unabhängig vom Haftungsbeginn der Lieferantenkreditdeckung (Versand bzw. Leistungsbeginn) nach § 3 AB (G) tritt die Haftung des Bundes nur dann ein (und bleibt prinzipiell auch nur dann erhalten), wenn der Kreditvertrag rechtsverbindlich abgeschlossen und in Kraft getreten ist und die erforderlichen Genehmigungen und die ggf. – in der Deckungsurkunde der Finanzkreditdeckung – dokumentierten Sicherheiten vorliegen. Dies bedeutet, dass der Bund vor der Erfüllung dieser drei Voraussetzungen in keinem Fall für sich realisierende Risiken haftet. Sind diese Bedingungen vor oder gleichzeitig mit dem bedingungsgemäßen Haftungsbeginn gemäß § 3 AB (G) erfüllt, bleibt dieser maßgeblich. Sind sie erst danach erfüllt, verschiebt sich der Haftungsbeginn auf diesen Zeitpunkt mit der Folge, dass ggf. davor realisierte gedeckte Risiken außerhalb der Haftung des Bundes liegen.
Nach dem ersten Satz der Exporteurs-Nichtauszahlungsklausel haftet der Bund gegenüber dem Exporteur nur, wenn der Kreditvertrag rechtsverbindlich abgeschlossen ist. Hiermit soll u. a. auch möglichen Problemen mit dem rechtlichen Schicksal des Exportvertrages im Falle des Scheiterns des Kreditvertragsabschlusses begegnet werden. Nach deutschem Recht ist eine sog. Finanzierungsklausel im Exportvertrag, wonach die Zahlung des Kaufpreises aus einem zwischen Käufer und Bank abzuschließenden Kreditvertrag vorgesehen ist, in der Regel als (aufschiebende oder auflösende) Bedingung nach § 158 BGB anzusehen mit der Folge, dass bei Nichteintritt dieser Bedingung auch der Exportvertrag enden würde. Unabhängig von den Rechtsfolgen eines Scheiterns der Finanzierung für den Exportvertrag verlangt der Bund im Rahmen der Exporteurs-Nichtauszahlungsklausel ausdrücklich den Abschluss des Kreditvertrages: Erst mit Erfüllung dieser Bedingung ist der Bund insoweit in der Haftung. Gegen eine erst danach scheiternde Finanzierung schützt sich der Bund mit der Banken-Nichtauszahlungsklausel, nach der die Aufhebung oder Kündigung des Kreditvertrages vor vollständiger Auszahlung generell von der Zustimmung des Bundes abhängig ist (siehe hierzu B – VII., 5.. a), iv)., bb)).
Der zweite Satz der Exporteurs-Nichtauszahlungsklausel beschreibt eine Restriktion des Deckungsschutzes bzw. des Deckungsumfangs unter der Lieferantenkreditdeckung, indem er die üblichen Entschädigungsvoraussetzungen unter der Lieferantenkreditdeckung um weitere Bedingungen ergänzt, nämlich alternativ die unberechtigte Verhinderung der Inanspruchnahme des Kredits durch den ausländischen Schuldner, die Unmöglichkeit der Inanspruchnahme des Kredits aus politischen Gründen oder wegen Eintritts dem politischen Bereich zuzuordnender Ereignisse oder die vom Bund gebilligte Nichtauszahlung des Kredits. Eine Entschädigung unter einer parallelen Lieferantenkreditdeckung kommt demgemäß nicht bereits dann in Betracht, wenn die dafür nach den Allgemeinen Bedingungen (G) erforderlichen üblichen Voraussetzungen vorliegen, sondern erst und nur dann, wenn zusätzlich einer dieser Tatbestände eingetreten ist.
Ein Fall unberechtigter Verhinderung der Inanspruchnahme ist z. B. dann denkbar, wenn Mitwirkungshandlungen des Bestellers als Auszahlungsvoraussetzung verpflichtend vorgesehen sind und diese ohne berechtigten Grund nicht vorgenommen werden. Demgegenüber ist es kein Fall unberechtigter Verhinderung, wenn der Exporteur seinerseits Auszahlungsvoraussetzungen nicht erfüllt, insbesondere wenn davon wiederum die erforderliche Mitwirkungshandlung des ausländischen Schuldners abhängt.
Die beiden politischen Unmöglichkeitstatbestände dürften ebenso wie der Fall der Zustimmung des Bundes zur Nichtauszahlung des Finanzkredits unmittelbar nachvollziehbar sein. Dass insbesondere die vom Bund veranlasste Nichtauszahlung zu den relevanten Konstellationen zählt, ist eine notwendige Konsequenz aus den Weisungsrechten des Bundes und seiner Herrschaft über das Schadensmanagement. Wird mit Zustimmung des Bundes verhindert, dass durch Auszahlung gedeckte Kreditrückzahlungsforderungen entstehen, muss der Bund umgekehrt akzeptieren, dass dies unter einer parallelen Lieferantenkreditdeckung den Schaden auslösen kann.
Der dritte Satz enthält einen Risikoausschluss. Ungeachtet der unter den Voraussetzungen des Satzes 1 eingetretenen grundsätzlichen Haftung ist das Risiko, dass der Schaden beim Exporteur unter der Lieferantenkreditdeckung dadurch verursacht wird, dass die Bank Auszahlungen wegen fehlender oder nicht rechtzeitig vorliegender legal opinions zurückhält, nicht gedeckt. Es wird also aus dem Kreis möglicher schadensverursachender Umstände ausgeschlossen.