cc) Deckung der Forderungsrisiken
(aa) Bauleistungsforderung
Sind die Forderungsrisiken gedeckt, haftet der Bund – wie bei Garantien üblich – sowohl für das wirtschaftliche Risiko als auch für das politische Risiko nach Maßgabe der Allgemeinen Bedingungen für Ausfuhrgarantien (G). Gedeckt ist somit zum einen das Risiko, dass die Bauleistungsforderung infolge Vermögensverfalls oder schlichter nachhaltiger Nichtzahlung (protracted default) des ausländischen Vertragspartners uneinbringlich wird (wirtschaftliches Risiko).
Gedeckt ist zum anderen das Risiko, dass die Bauleistungsforderung uneinbringlich wird infolge allgemeiner staatlicher Maßnahmen des Schuldnerlandes (z. B. Moratorien, Zahlungs- und Transferverbote), infolge von Stockungen bei der Durchführung oder Abwicklung von Zahlungs- oder Verrechnungsabkommen oder ähnlichen Vereinbarungen (z. B. das Einfrieren im Schuldnerland eingezahlter Währungsbeträge) oder infolge bestimmter Ereignisse im Ausland (z. B. Beschlagnahme, Verlust oder Vernichtung der Warensendung durch ausländische staatliche Stellen oder infolge anderer politischer Ereignisse), soweit diese Gefahren nicht auf dem deutschen Versicherungsmarkt abgedeckt werden können (politisches Risiko).
Sind im Vertrag mit dem deutschen Bauunternehmer und dem ausländischen Auftraggeber die Höhe und die Zahlungsabwicklung für den Landeswährungsteil und den Transferteil der Bauleistungsforderung gesondert geregelt, kann sich die Deckung des Forderungsrisikos auf Wunsch des Exporteurs auf den Landeswährungsteil oder den Transferteil beschränken.
(bb) Rücktransfer von Betriebsmitteln
In nicht wenigen Fällen muss der Bauunternehmer Betriebsmittel für das Anlaufen des Bauauftrages im Schuldnerland einsetzen. Für diese Betriebsmittel kann die Übernahme einer Deckung gegen das Konvertierungs- und Transferrisiko, das bei ihrem Rücktransfer in die Bundesrepublik entsteht, beantragt werden. Die Übernahme einer Deckung erfolgt in der Weise, dass der im Bauleistungsvertrag vorgesehene Transferteil der Bauleistungsforderung um die in das Schuldnerland verbrachten Betriebsmittel erhöht wird. Der insgesamt vom Bund gedeckte Betrag der Bauleistungsforderung wird von dieser Erhöhung nicht berührt, wenn der Bauunternehmer sowohl die Deckung des Landeswährungsteils als auch des Transferteils beantragt hat. Denn in diesem Fall wird bei Einschluss der Betriebsmittel in die Deckung zur Absicherung des Konvertierungs- und Transferrisikos der gedeckte Landeswährungsteil entsprechend vermindert, da es andernfalls im Schadensfall zu einer Überkompensation kommen könnte (im Falle der Entschädigung der Betriebsmittel sind die im Land in Landeswährung verbliebenen Betriebsmittel überschüssig und können mit einem ggf. unbezahlten Landeswährungsteil verrechnet werden). Ist die Deckung hingegen auf den Transferteil beschränkt, werden die Betriebsmittel dadurch in die Deckung gegen das Konvertierungs- und Transferrisiko eingeschlossen, dass der Transferteil erhöht wird. Das Entgelt wird aus dem erhöhten Betrag berechnet.
Bestehen zur Zeit des Abschlusses des Bauleistungsvertrages gesetzliche Bestimmungen, die den Transfer der Bauleistungsforderung vom Schuldnerland in die Bundesrepublik einschränken, ist das Konvertierungs- und Transferrisiko nur im Rahmen dieser Bestimmungen gedeckt. Nicht gedeckt sind also Transferrisiken, die sich aus solchen Einschränkungen ergeben.
(cc) Suspendierungskosten
Zusätzlich ist es möglich, sog. Suspendierungskosten auf besonderen Antrag in die Deckung einzubeziehen. Voraussetzung dafür ist, dass
- über diesen Anspruch eine Vereinbarung zwischen dem deutschen Bauunternehmen und dem ausländischen Auftraggeber getroffen wurde
und - durch die vertragliche Vereinbarung die Erfüllung des Vertrages ermöglicht werden soll.
Die Forderung auf Zahlung der Suspendierungskosten wird also nicht gedeckt, wenn es sich um Abwicklungs- oder gar Schadensersatzansprüche handelt. Nur wenn es sich um Forderungen im Zusammenhang mit der Erfüllung des Bauleistungsvertrages handelt, wie sie im § 2 der Allgemeinen Bedingungen (G) genannt sind, kommt eine Deckung in Betracht.
Ist die Höhe der Suspendierungskosten bei Übernahme der Deckung noch nicht bekannt, was regelmäßig der Fall sein wird, kann der Antragsteller einen Betrag schätzen, der dann in die Deckung einbezogen werden kann. Das Verfahren entspricht dem sog. „Betragsverfahren“ bei Deckung von Ansprüchen aus der Preisgleitklausel.
(dd) Nachtragsforderungen aus Mehrleistungen
Seit November 2004 besteht eine spezielle Deckungsmöglichkeit für sog. Nachtragsforderungen, d. h. für solche Forderungen, die aufgrund von Mehrleistungen entstehen, welche bei Abschluss des Bauvertrages noch nicht vorhersehbar waren, sich vielmehr erst im Laufe der vereinbarungsgemäßen Bautätigkeit ergeben und aufgrund der getroffenen bauvertraglichen Regelungen vom Bauunternehmen zu erbringen sind. Für derartige Forderungen kann auf Antrag zusätzlich zur Deckung der ursprünglichen Bauforderung ein Höchstbetrag – vergleichbar mit einem Limit bei einer Forderungssammeldeckung im Kurzfristbereich – übernommen werden. Dafür gilt eine Orientierungsgröße von (maximal) 30 % des Auftragswertes, die bei begründetem Bedarf überschritten werden kann. Der Höchstbetrag wird durch die sich aus den einzelnen zusätzlichen Bauleistungen ergebenden deckunsfähigen Nachtragsforderungen in chronologischer Reihenfolge nach Maßgabe des Leistungsbeginns ausgenutzt. Sie sind automatisch gedeckt, solange im Höchstbetrag Freiraum besteht und solange dessen Ausnutzung nicht aufgehoben ist (automatische Andienung). Durch Bezahlung entstandener und gedeckter Nachtragsforderungen ergibt sich kein Freiraum. Der Höchstbetrag steht also nicht revolvierend zum Nachrücken von Forderungen zur Verfügung, sondern verbraucht sich.
Der Deckungsnehmer muss dem Bund alle Nachtragsforderungen unverzüglich, in jedem Fall aber innerhalb von sechs Monaten nach Beginn der Leistungserbringung melden (Meldepflicht). Eine nicht oder nicht fristgerecht gemeldete Forderung ist zwar gedeckt und belastet den Höchstbetrag, wird aber nur entschädigt, wenn der Bund der nachträglichen Meldung ausdrücklich (schriftlich) zustimmt. Entschädigungsfähig ist also nur eine (rechtzeitig) gemeldete Forderung.
Soweit für die Bauleistungsforderung eine bestimmte Finanzierungszusage besteht oder bestimmte Sicherheiten vorgesehen sind, können Nachtragsforderungen nur dann uneingeschränkt Deckungsschutz erhalten, wenn sich diese Finanzierungszusage/Besicherung auch auf die Nachtragsforderungen erstreckt. Soweit dies nicht von vornherein feststeht, wird der Höchstbetrag nur mit einer Risikoausschlussklausel übernommen, die eine Haftung des Bundes für solche Gewährleistungsfälle ausschließt, die auf eine ggf. fehlende Finanzierungszusage/Besicherung zurückzuführen sind. Dies beschränkt die Deckung faktisch auf die politischen Risiken, solange eine Finanzierungszusage/Besicherung nicht verbindlich ist.
Der Bund kann im Falle einer Gefahrerhöhung den Höchstbetrag sperren (Deckungseingriff). Das hat zufolge, dass Nachtragsforderungen, für die der Bund im Moment des Zugangs eines entsprechenden Schreibens noch nicht haftet, nicht mehr in den Höchstbetrag einrücken können. Der Bund haftet für solche Nachtragsforderungen (noch) nicht, hinsichtlich derer die jeweilige (Mehr-)Leistungserbringung noch nicht begonnen hat. Hat umgekehrt die jeweilige Leistungserbringung bereits begonnen, ist insoweit ein Deckungseingriff nicht mehr möglich. Hier gilt die übliche Regelung gemäß § 13 der Allgemeinen Bedingungen G auch für den Höchstbetrag.
Wie bereits erwähnt, verbraucht sich der Höchstbetrag sukzessive mit jeder entstandenen Nachtragsforderung. Stellt sich im Zuge der Bauausführung heraus, dass der übernommene Höchstbetrag für absehbar entstehende Nachtragsforderungen nicht mehr ausreicht, kann eine Erhöhung beantragt werden. Eine positive Entscheidung des Bundes hängt dann von der Sach- und Rechtslage zum Entscheidungszeitpunkt ab und ist durch die vorherige Bereitstellung des Höchstbetrages nicht präjudiziert. Insoweit kann es ohne Wertungswiderspruch durchaus sein, dass eine veränderte Risikolage zwar noch keinen Deckungseingriff zur Folge hat, neue Deckungen jedoch nicht mehr übernommen werden.