dd) Auszahlungen vor innerbetrieblichem Kostenfortschritt
Knüpfen Progress Payments zumindest an den innerbetrieblichen Kostenanfall an, so kann der – vom Kreditnehmer akzeptierte – Wunsch des Exporteurs auch dahingehen, noch vor und unabhängig von einem solchen im Rahmen der Fertigung nachweisbaren innerbetrieblichen Kostenanfall Auszahlungen aus dem Finanzkredit zu erhalten. Dies kann beispielsweise Auszahlungen in einer Höhe betreffen, die es dem Exporteur ermöglichen, daraus das Deckungsentgelt des Bundes zu bestreiten. In solchen Fällen lässt der Bund angesichts der erforderlichen Bindung des Finanzkredits an exportierte Lieferungen/Leistungen den Haftungsbeginn unter der Finanzkreditdeckung hinsichtlich der vor Lieferung/Leistungserbringung erfolgten Auszahlungen erst pro rata tatsächlich erbrachter Lieferungen/Leistungen eintreten. Diese Haftungsbeginnklausel hat zur Konsequenz, dass zum einen ein Schadensfall in Bezug auf die vorzeitig ausgezahlten Beträge nur dann von der Deckung erfasst ist, soweit er zeitlich ab der Unterlegung durch Lieferungen/Leistungen eintritt. Zum anderen steht dem Bund vorher mangels Haftung das Recht zum Deckungseingriff nach § 13 der Allgemeinen Bedingungen FKG zu. Denn mit der Haftungsklausel wird der übliche, durch die Auszahlung markierte Haftungsbeginn nach § 3 der Allgemeinen Bedingungen verschoben, also genau das Ereignis, bis zu dem nach § 13 der Deckungseingriff zulässig ist.
Alternativ zur Haftungsbeginnklausel kommt bei kombinierten Deckungen, d. h. bei gleichzeitiger Deckung auch des Liefergeschäfts durch eine Ausfuhrdeckung, im eher seltenen Ausnahmefall auch eine Wirksamkeitsklausel in Betracht. In diesem Fall wird die Finanzkreditdeckung hinsichtlich der vorzeitigen Auszahlungen erst pro rata tatsächlich erbrachter Lieferungen/Leistungen wirksam. Im Unterschied zur Haftungsbeginnklausel würden hier vor Wirksamkeit eintretende Schadensfälle ab Wirksamkeit voll erfasst, und dem Bund stünde bezogen auf die vorzeitigen Auszahlungen auch das Recht zum Deckungseingriff nicht zu, da der grundsätzliche Haftungsbeginn im Sinne des § 3 der Allgemeinen Bedingungen unangetastet bliebe. Der Bund könnte allerdings bei Gefahrerhöhung im Hinblick auf sein Weisungsrecht gegenüber dem Exporteur unter der Lieferantenkreditdeckung (weitere) Lieferungen/Leistungen unterbinden und so den Bedingungseintritt verhindern.
Die Bank trägt in solchen Fällen – ob nun Haftungsbeginnklausel oder Wirksamkeitsklausel – ein signifikantes Risiko. Betrifft die vorzeitige Auszahlung das Deckungsentgelt, würde dieses Risiko nicht zwingend durch eine entsprechende Entgelterstattung kompensiert werden. Tritt der Schadensfall unter der Finanzkreditdeckung nach der Erbringung von Teillieferungen/Teilleistungen ein und kommt es dadurch nicht mehr zu weiteren Lieferungen/Leistungen, bliebe die vorzeitige Auszahlung teilweise ohne Unterlegung durch diese mit der Folge, dass insoweit die Haftung des Bundes nicht eintreten bzw. die Deckung nicht wirksam werden würde. Da der Grund dafür freilich allein in dem eingetretenen Schadensfall liegt, muss daran eine Entgelterstattung trotz insoweit nicht gegebener Haftung bzw. wirksamer Deckung scheitern (§ 18 Abs. 3 der Allgemeinen Bedingungen FKG).
Da eine dokumentierte Haftungsbeginn- bzw. Wirksamkeitsklausel die Haftung unter der Deckung bzw. die Wirksamkeit der Deckung allein nach den tatsächlich erbrachten Lieferungen und Leistungen bemisst, kommt es auf Erklärungen des Exporteurs oder auf eine rechtlich unabhängig bestehende Zahlungspflicht des Schuldners und Darlehensnehmers nicht an. Behauptet der Exporteur wahrheitswidrig Lieferungen, kann sich die Bank darauf ebenso wenig berufen wie auf eine trotz Nichtlieferung/-leistung bestehende Zahlungspflicht des Schuldners und Darlehensnehmers.