i) Förderungswürdigkeit
Mit der Schaffung einer staatlichen Exportkreditversicherung hat die Bundesrepublik Deutschland ebenso wie alle anderen westlichen Industriestaaten die Notwendigkeit einer dauerhaften Unterstützung und Förderung ihrer Exportwirtschaft grundsätzlich anerkannt. Es widerspräche der Zielsetzung dieses Förderungsinstrumentes, wenn dieses durch eine restriktive und starre Auslegung des Begriffs „Förderungswürdigkeit“ auf Ausnahmefälle beschränkt und das normale Exportgeschäft von den Exportkreditgarantien ausgeschlossen würde.
Eine sehr weite Auslegung des Begriffs „Förderungswürdigkeit“ wird gestützt durch einen Rückblick auf die Entwicklung des Exportkreditgarantieinstrumentes. Das ursprünglich als Ermächtigungsgrundlage für dieses Instrument dienende Gesetz über die Übernahme von Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen im Ausfuhrgeschäft vom 26. August 1949 (Ausfuhrsicherheitsleistungengesetz) spricht lediglich von der „Förderung der deutschen Ausfuhr“ ohne diese nach bestimmten Förderkriterien zu qualifizieren. Auch die entsprechenden (nicht veröffentlichten) Richtlinien von 1961 stellten für diese Förderung keine besonderen Zugangskriterien auf.
Auch im Jahre 1960, als das eben erwähnte Gesetz durch die Aufnahme der betreffenden Ermächtigung in das Haushaltsgesetz abgelöst wurde, hat man den Begriff der Förderungswürdigkeit nicht definiert. Das Haushaltsgesetz 1960 (HHG 1960) spricht in § 23 Abs. 1 Nr. 1a lediglich von einer Ermächtigung zugunsten deutscher Ausführer für Ausfuhrgeschäfte. Der Begriff der Förderungswürdigkeit taucht in dem die Übernahme von Gewährleistungen betreffenden § 23 nur im Zusammenhang mit den dort zu findenden Ermächtigungen für Kredite an ausländische Schuldner (Abs. 1 Nr. 2) sowie für Kapitalanlagen im Ausland (Abs. 1 Nr. 3) auf. Diese beiden Ermächtigungen – im heutigen Sinne für die ungebundenen Finanzkredite und die Direktinvestitionen im Ausland – waren erstmals in das Hausgesetz 1959 eingestellt worden und beschränkt auf die Finanzierung förderungswürdiger Vorhaben bzw. auf förderungswürdige Kapitalanlagen.
Aus dem Umstand, dass für Ausfuhrgeschäfte eine entsprechende Qualifizierung fehlte, kann nur geschlossen werden, dass sich jedes Exportgeschäft für eine Förderung durch Übernahme einer Exportkreditgarantie grundsätzlich qualifiziert. Zusätzlich gestützt wird diese Auffassung dadurch, dass § 23 HHG 1960 in Abs. 1 Nr. 1b auch schon die Ermächtigung zur Übernahme von Gewährleistungen für Ausfuhrgeschäfte enthielt, an deren Durchführung ein besonderes staatliches Interesse der Bundesrepublik Deutschland besteht. Aus dem Nebeneinander der schlichten 1a-Ermächtigung, die aus dem Ausfuhrsicherheitsleistungengesetz von 1949 übernommen wurde, und der durch das Erfordernis eines besonderen staatlichen Interesses qualifizierten 1b-Ermächtigung, die erstmals im Haushaltsgesetz von 1959 im dortigen § 18 Abs. 3 erschien, ist zweifelsfrei zu entnehmen, dass die 1a-Ermächtigung genauso schlicht verstanden werden sollte, wie sie sich zuvor im Ausfuhrsicherheitsleistungengesetz ausdrückte.
Dass mit dem Haushaltsgesetz 1964 erstmals aus der schlichten Ermächtigung „für Ausfuhrgeschäfte“ eine Ermächtigung „im Zusammenhang mit förderungswürdigen Ausfuhren“ geworden und bis heute geblieben ist, war nach der Begründung des Gesetzentwurfes darauf zurückzuführen, dass der verwaltungsmäßige Nachweis der übernommenen Exportkreditgarantien vereinfacht werden musste und zugleich die Bedeutung von gebundenen Finanzkrediten zunahm. Von 1959 bis 1963 wurden solche an Ausfuhrgeschäfte gebundenen Finanzkredite noch von der allgemeinen Ermächtigung „für Kredite an ausländische Schuldner, wenn dies der Finanzierung förderungswürdiger Vorhaben dient oder im besonderen staatlichen Interesse der Bundesrepublik Deutschland liegt“ erfasst. Beginnend mit dem Jahr 1964 sollten die an Ausfuhrgeschäfte gebundenen Kredite wegen des Sachzusammenhangs unmittelbar unter die für Ausfuhrgeschäfte geltende Ermächtigung Nr. 1a fallen und die Ermächtigung Nr. 2 nur noch die ungebundenen Finanzkredite erfassen. Da nun in der 1a-Ermächtigung nicht mehr nur Gewährleistungen zugunsten von Ausführern für Ausfuhrgeschäfte, sondern auch zugunsten von Kreditgebern für Kredite an ausländische Schuldner ermöglicht wurden, musste in irgendeiner Weise die Bindung dieser Kredite an Ausfuhrgeschäfte zum Ausdruck gebracht werden. Dies wurde in der Weise realisiert, dass der Gesetzgeber die Formulierung aus der Ermächtigung Nr. 2 (förderungswürdige Vorhaben) auf den Sachverhalt der Nr. 1a transferierte und so aus den Ausfuhrgeschäften förderungswürdige Ausfuhren als quasi konkretisierte förderungswürdige Vorhaben der Nr. 2 wurden. Ein inhaltlich anderes Verständnis wurde damit nicht verbunden und sollte damit auch nicht zum Ausdruck gebracht werden.
Alles in allem kann nur der Schluss gezogen werden, dass auch ohne Vorliegen besonderer Umstände ein Exportgeschäft förderungswürdig ist, weil die Exportwirtschaft für die Bundesrepublik Deutschland von herausragender gesamtwirtschaftlicher Bedeutung ist. Das außenwirtschaftliche Gleichgewicht ist als Erfordernis deutscher Wirtschaftspolitik gesetzlich festgeschrieben (vgl. § 1 Stabilitätsgesetz 1967). Da jeder dritte Arbeitsplatz in Deutschland vom Export abhängig ist, wird mit der Exportförderung einem weiteren, ebenfalls im Stabilitätsgesetz gesetzlich festgeschriebenen Erfordernis der Wirtschaftspolitik, nämlich einem hohen Beschäftigungsstand, gedient. Es ist unbestritten, dass die wirtschaftliche Prosperität der Bundesrepublik entscheidend durch die Einbindung in die internationale Arbeitsteilung geprägt ist.
Allerdings verbietet sich staatliche Unterstützung für Ausfuhrgeschäfte, die den internationalen Verpflichtungen oder den politischen Grundentscheidungen der Bundesrepublik Deutschland zuwiderlaufen oder gegen gesetzliche Bestimmungen verstoßen. In Ziff. 2.1 der Richtlinien ist dieser Grundsatz dahingehend umschrieben, dass ein Ausfuhrgeschäft insbesondere dann nicht als forderungswürdig gilt, „wenn seiner Durchführung wichtige Interessen der Bundesrepublik Deutschland entgegenstehen“. In solchen Fällen muss die Übernahme einer Exportkreditgarantie mangels Förderungswürdigkeit abgelehnt werden.