i) Begriff der (deckungsfähigen) Selbstkosten
Deckungs- und damit Entschädigungsgegenstand der Fabrikationsrisikodeckung sind die Selbstkosten, die beim Exporteur notwendigerweise für die Erbringung der im Ausfuhrvertrag mit dem ausländischen Schuldner vereinbarten Lieferungen und Leistungen anfallen, § 2 Abs. 1 AB (FG). Als deckungsfähige Selbstkosten gelten nach § 2 Abs. 2 AB (FG) die Einzel- und Gemeinkosten im Sinne der Leitsätze für die Preisermittlung aufgrund von Selbstkosten (Anlage zur Verordnung PR Nr. 30/53 über die Preise bei öffentlichen Aufträgen vom 21.11.1953 in der zuletzt durch Art. 289 achte Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 25.11.2003 geänderten Fassung, im folgenden LSP genannt), die bei wirtschaftlicher Betriebsführung zur Durchführung des Ausfuhrvertrages erforderlich sind.
An sich gehören die Verordnung PR Nr. 30/53 und die LSP zum Bereich des öffentlichen Preisrechts und werden für den Fall angewendet, dass Leistungen für öffentliche Auftraggeber nicht zu Marktpreisen abgerechnet werden können und deshalb ersatzweise Selbstkostenpreise herangezogen werden müssen. Jedoch wird die Geltung der LSP häufig auch vertraglich vereinbart, da in ihnen Kriterien für ein geordnetes Rechnungswesen und die Mindestgliederung für eine Preiskalkulation auf der Grundlage einer Ist-Kostenrechnung festgelegt sowie die wichtigsten Kostenarten nebst den zulässigen Mengen- und Bewertungsansätzen beschrieben sind. Es lag nahe, ein solches den Unternehmen bekanntes und bewährtes Regelwerk auch für die Ermittlung der gedeckten Selbstkosten im Rahmen der Fabrikationsrisikodeckung heranzuziehen, nachdem die vor 1986 gesammelten Erfahrungen gezeigt hatten, dass die bis dahin geltende Definition („direkte und indirekte Aufwendungen, die nach den Grundsätzen ordnungsgemäßer Kostenrechnung auf die in Fertigung begriffene Ware zu verrechnen sind“) teils zu eng und teils zu mehrdeutig war.
Abweichend von den LSP werden auch solche Aufwendungen als Selbstkosten anerkannt, die für die Inanspruchnahme von Fremdkapital oder im Zusammenhang mit der Ausfuhrfinanzierung (ausgenommen Kreditversicherungskosten für die Fabrikationsrisikodeckung) anfallen. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass sie dem Ausfuhrvertrag unmittelbar zugeordnet werden können. Dieses Erfordernis bedeutet bei der Inanspruchnahme von Fremdkapital nicht unbedingt, dass die Kreditaufnahme kongruent zu dem Kostenanfall des gedeckten Auftrags erfolgen muss, aber es muss doch sichergestellt sein, dass die zur Anwendung gelangende Kostenrechnung eine unmittelbare Zuordnung der in Anspruch genommenen Fremdmittel in betragsmäßiger und zeitlicher Hinsicht auf die konkrete Fertigungsfinanzierung erlaubt. Unter die Kosten der Ausfuhrfinanzierung fallen z. B. Bereitstellungsprovisionen für Exportkredite, Bankgebühren und unter Umständen auch Kurssicherungskosten, die bei der durch den Eintritt eines Fabrikationsrisikoschadens erforderlich werdenden Auflösung von Devisenterminpositionen für das Exportgeschäft entstehen können.
Die Bezugnahme auf die LSP bei der Definition der Selbstkosten bedeutet nicht, dass damit den Exporteuren eine bestimmte Form der Kostenrechnung verbindlich vorgegeben würde. Sie gibt lediglich die Prüfungsmaßstäbe vor, nach denen in einem etwaigen Schadensfall die gedeckten und entschädigungsfähigen Selbstkosten ermittelt werden. Da allerdings der Deckungsnehmer nach § 5 Abs. 2 der Allgemeinen Bedingungen FG Grund und Höhe des Schadens nachzuweisen hat, liegt es in seinem Interesse, dass sein Rechnungswesen eine Selbstkostenprüfung nach den Regeln der LSP zulässt.
Unter zeitlichen Aspekten endet der Zeitraum, innerhalb dem deckungsfähige Selbstkosten anfallen können, denknotwendigerweise mit Versand oder Abnahme der Ware/Leistung, also mit Erfüllung der Lieferung- und/oder Leistungsverpflichtungen, zu deren Erbringung der Exporteur die Selbstkosten aufzuwenden hatte. Eine in der Praxis sehr wichtige Ausnahme gilt für den von der Fabrikationsrisikodeckung erfassten Embargotatbestand, § 4 Nr. 7 AB (FG). Hier verlängert sich die Zeitspanne innerhalb derer deckungsfähige Selbstkosten anfallen können über den Versand hinaus bis zur vollständigen Vertragserfüllung mit der Folge, dass im Embargofall die Selbstkosten auch die nach Versand der Ware getätigten Aufwendungen mit umfassen. Wichtig ist, dass diese Aufwendungen bereits bei der Kalkulation der zur Absicherung beantragten Selbstkosten berücksichtigt werden. Im Nachhinein ist eine Erhöhung der Selbstkosten nur unter sehr eingeschränkten Möglichkeiten und nach Eintritt eines Schadensfalles überhaupt nicht mehr möglich.
Wird im Zusammenhang mit dem Export gebrauchter Ware die Übernahme einer Fabrikationsrisikodeckung begehrt, so ist zu beachten, dass grundsätzlich nur jene Aufwendungen als förderungs- und damit deckungsfähige Selbstkosten anerkannt werden, die dem Exporteur in Folge in Deutschland vorgenommener Generalüberholung, Modernisierung oder Instandsetzung der Gebrauchtware entstanden sind. Hierzu gehören nicht die Kosten für die Beschaffung der gebrauchten Waren.
Entgegen einer leider noch immer zum Teil vertretenen Meinung ist eine Fabrikationsrisikodeckung auch bei Ausfuhrgeschäften möglich, die ausschließlich die Erbringung von Leistungen zum Gegenstand haben. Gerade in den Fällen, in denen eine auf die konkreten Kundenwünsche zugeschnittene Leistung geschuldet wird, dürfte die geschuldete Leistung vorher konkret/spezifisch vorzubereiten sein, nicht selten sind Planungsunterlagen anzufertigen, vor Ort-Termine durchzuführen, ein konkretes Umsetzungskonzept zu entwickeln oder auch sonstige Vorleistungen zu erbringen, durch die beim Exporteur bereits Sach- und Personalaufwendungen anfallen, ohne das er hierfür bereits eine Vergütung von seinem Auslandskunden verlangen kann. Kommt es nicht zur Erbringung der vertraglich vereinbarten Leistung, so würde der Exporteur i.d.R. auf diesen Aufwendungen sitzen bleiben, es sei denn, er kann diese aus einer vom Bund übernommenen Fabrikationsrisikodeckung entschädigt bekommen. Hierin unterscheidet er sich nicht von einem Warenlieferanten. Je länger der Zeitraum der Vorbereitungshandlungen bis zur eigentlichen Erbringung der vergütungsrelevanten (Dienst-) Leistung ist und je kostenintensiver diese Vorbereitungshandlungen sind, umso größer kann somit auch beim Dienstleister der Bedarf nach Absicherung seiner Sach- und Personalaufwendungen durch eine Fabrikationsrisikodeckung sein.