a) Systematische Einordnung der Finanzkreditdeckung und wirtschaftlicher/rechtlicher Hintergrund des Finanzkredits
In der Präambel der Allgemeinen Bedingungen für Garantien für gebundene Finanzkredite werden diese umschrieben „als Geldforderungen von Kreditinstituten aus Kreditverträgen, die an Ausfuhrgeschäfte deutscher Exporteure gebunden sind“. Zum einen geht es also um Forderungen aus Darlehensverträgen und damit um die Abgrenzung zu den Forderungen deutscher Exporteure aus Lieferverträgen, für deren Absicherung Ausfuhrgarantien zur Verfügung stehen. Zum anderen geht es um die Bindung des Kredits an die Finanzierung von Ausfuhrgeschäften deutscher Exporteure. Darin unterscheiden sich die gebundenen Finanzkredite von den sog. „ungebundenen Finanzkrediten“, für die unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls Bundesdeckungen möglich sind.
Bei den gebundenen Finanzkrediten erfordert es die Bindung an das Liefergeschäft allerdings nicht, dass das Kreditverhältnis dem Liefervertragsverhältnis spiegelbildlich entsprechen müsste. In vielen, als Käufer- oder Bestellerkredit bezeichneten Fällen ist eine solche Spiegelbildlichkeit zwar in der Weise gegeben, dass der im Liefervertrag in Erscheinung tretende Käufer bzw. Besteller gleichzeitig auch Darlehensnehmer innerhalb des Finanzkreditverhältnisses ist, jedoch ist eine solche Identität von Käufer und Darlehensnehmer nicht zwingend. Vor allem bei sehr großen Exportgeschäften tritt häufig nicht der Käufer, sondern ein Dritter, beispielsweise die Regierung des Käuferlandes oder eine dortige Bank als Darlehensnehmer auf (im letzten Falle spricht man von Bank-zu-Bank-Krediten), der mit Hilfe des von einer – nicht notwendig deutschen – Bank eingeräumten Finanzkredits dem Käufer eine Finanzierung verschafft.
Ferner schließt der Begriff „gebundener Finanzkredit“ auch solche Konstruktionen nicht aus, bei denen zur Finanzierung eines deutschen Exportgeschäftes mehrere Finanzkredite unterschiedlicher Banken eingesetzt werden oder bei denen aus einem Finanzkredit mehrere deutsche Exportgeschäfte finanziert werden.
Das, was den Finanzkredit oder auch Bestellerkredit für den Exporteur so attraktiv macht, ist die Tatsache, dass sich damit das Exportgeschäft für ihn insgesamt – über die An- und Zwischenzahlungen hinaus – in ein Barzahlungsgeschäft wandelt. Anders als beim Lieferantenkredit, bei dem der Exporteur gegenüber dem ausländischen Besteller selbst als Kreditgeber auftritt und entsprechend lange auf die Eingänge der Zahlungen warten muss, erhält der Exporteur beim Finanzkredit im Regelfall bei Lieferung und Leistung sein Geld. Er trägt damit vom Prinzip her ab diesem Zeitpunkt kein weiteres Risiko mehr, vermeidet es, seine Bilanz mit Lieferantenkreditforderungen und entsprechenden Refinanzierungsverpflichtungen über einen längeren Zeitraum zu belasten und kann die gewonnene Liquidität sogleich zur Finanzierung anderer geschäftlicher Vorhaben einsetzen.
Eine vergleichbare Möglichkeit bietet dem Exporteur beim Lieferantenkredit nur die Forfaitierung, zu der der Finanzkredit in gewisser Weise in Konkurrenz tritt. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass die Bank nur die Bonitätshaftung, nicht jedoch auch die sog. Veritätshaftung, also die Haftung für den Bestand der Exportforderung, übernehmen will. Insoweit besteht für sie ein Regressrisiko, das beim Finanzkredit angesichts eigener, rechtlich vom Exportgeschäft unabhängiger (abstrakter) Ansprüche so nicht besteht und das die Bank kalkulativ beim Preis und ggf. durch Anrechnung auf bestehende Kreditlinien entsprechend in Ansatz bringen wird. Auch unter dem Gesichtspunkt der Qualität der Deckung liegen die Vorteile eindeutig beim Finanzkredit. Der Forfaiteur muss sich mit den Konditionen der Lieferantenkreditdeckung begnügen. Wegen des insoweit geltenden höchsten Selbstbeteiligungssatzes (15 % für den Nichtzahlungsfall bzw. die wirtschaftlichen Risiken) wird die gedeckte Forderung im wirtschaftlichen Ergebnis oft nur in Höhe der Deckungsquote von 85 % ausbezahlt. Die Tatsache schließlich, dass der Forfaiteur hinsichtlich der Belastbarkeit der Deckung vom Exporteur abhängt (Forderungsdokumentation, Rechtsbeständigkeit, Obliegenheiten), beeinflusst den Preis für den Forderungsankauf zu Lasten des Exporteurs weiter, sodass der Liquiditätsgewinn durch Forfaitierung deutlich geschmälert ist. Bei der Finanzkreditdeckung liegt die Regel-Selbstbeteiligung hingehen für sämtliche Risiken nur bei 5 % (hierfür wird zuweilen die Zahlung einer in der Höhe darunter liegenden Risikoprämie gefordert). Auch bestehen hier vergleichbare Abhängigkeiten vom Exportgeschäft und vom Verhalten des Exporteurs nicht. Vielmehr hat die Bank ihre eigene Deckung für ihre eigenen, vom Exportgeschäft rechtlich unabhängigen Ansprüche unter dem herausgelegten Darlehen.
Im Falle der Einschaltung eines Finanzkredites wird regelmäßig bereits im Exportvertrag zwischen Exporteur und Besteller bestimmt, dass die Zahlungen aus dem Finanzkredit erfolgen. Der Besteller lässt also seine Zahlungsverpflichtung durch einen Dritten erfüllen, und zwar durch die Bank, mit der er den Darlehensvertrag geschlossen hat und die darin zur Auszahlung des Darlehens an den Exporteur unter den festgelegten Voraussetzungen verpflichtet wird. Der Besteller stellt demgemäß seine eigene Zahlungsverpflichtung gegenüber dem Exporteur dadurch glatt, dass er sich in Gläubigerposition eine komplementäre Zahlungsverpflichtung einer Bank beschafft. Durch die Zahlung der Bank auf den Exportvertrag tritt – wie bei einer Zahlung des Bestellers selbst – Erfüllung ein (§ 362 BGB). Nach deutschem Recht ist die Person des konkret Leistenden gleichgültig. Dies kann der Schuldner selbst, sein Erfüllungsgehilfe (§ 278 BGB) oder eben ein Dritter (§§ 267, 268 BGB) sein. Beim Regelfall des Direktauszahlungsverfahrens wird die Bank im Rechtssinne Erfüllungsgehilfe des Bestellers mit entsprechenden Haftungsfolgen für ihn sein. Denn alleiniger Zweck des Finanzkredites ist die (überwiegende) Erfüllung der Exporteursforderung aus der Darlehensvaluta, was entsprechend auch in der vertraglichen Beziehung Exporteur/Besteller (Exportvertrag) verankert ist. Demgemäß erfolgt die Zahlung direkt an den Exporteur mit Willen und auf Anweisung des Bestellers. Über den bloßen Zahlungsvorgang hinaus ist die Bank in das Vertragsverhältnis Exporteur/Besteller insoweit eingebunden, als sie im direkten Kontakt zum Exporteur die erforderlichen Nachweise der (Aus)-Zahlungsvoraussetzungen prüft. Schließlich deckt sich die Pflicht der Bank (Leistung von Geld) inhaltlich mit der des Exporteurs. Die Tatsache, dass die Bank bei der Zahlung auch eine eigene Schuld gegenüber dem Besteller erfüllt, spielt in jedem Fall keine Rolle. Eine doppelte Tilgungsbestimmung bei der Zahlung (eigene und fremde Schuld) ist – ob nun Erfüllungsgehilfe oder Dritter – möglich.
Nach dem zwischen Besteller und Bank zur Finanzierung des Exportgeschäfts zustande kommenden Darlehensvertrag ist die Bank zur Auszahlung der Darlehensvaluta verpflichtet. Er beinhaltet beim Direktauszahlungsverfahren die Anweisung an die Bank, die Zahlung an den Exporteur vorzunehmen. Diese Auszahlung an den Exporteur ist eine Auszahlung an einen Dritten, und zwar selbst dann, wenn der Exporteur ein eigenes Forderungsrecht gegen die Bank haben sollte. Da hier der Exporteur zur Entgegennahme der Geldes ermächtigt ist, erfüllt die Auszahlung an ihn die Verpflichtung der Bank ebenso wie eine Auszahlung an den Besteller als Vertragspartei des Darlehensvertrages selbst (vgl. § 362 Abs. 2 BGB).
Zwischen Bank und Exporteur besteht kein gesondertes eigenes Vertragsverhältnis. Bei Anwendung deutschen Rechts kommt jedoch beim Direktauszahlungsverfahren in Betracht, dass es sich bei dem Darlehensvertrag Besteller/Bank um einen (echten) Vertrag zugunsten Dritter (§ 328 Abs. 1 BGB) handelt, der dem Exporteur einen eigenen Auszahlungsanspruch gegen die finanzierende Bank vermitteln würde. Ob im Einzelfall ein echter Vertrag zugunsten des Exporteurs vorliegt oder nur ein sog. unechter (ermächtigender) Vertrag zugunsten Dritter, der die Bank lediglich zur Zahlung an den Exporteur ermächtigt, ist bei fehlender ausdrücklicher Regelung durch Auslegung des Vertrages zu ermitteln. Nach § 328 Abs. 2 BGB kommt es insoweit auf die Umstände, insbesondere auf den Vertragszweck und auch auf die Interessenlage an. Zweck des Darlehensvertrages ist die (überwiegende) Finanzierung des Exportgeschäfts. Üblicherweise steht in Fällen der Einschaltung eines Finanzkredites fest, dass der Besteller über die zur Erfüllung der Barzahlungsbedingungen erforderlichen Mittel aktuell nicht verfügt. Mit dem Zustandekommen der Finanzierung steht und fällt die Erfüllungsfähigkeit des Exportgeschäfts auf Seiten des Bestellers. Der Finanzierung kommt dadurch eine solchermaßen hohe Bedeutung für das Gesamtgeschäft zu, dass anzunehmen ist, dass die von der Bank übernommene Verpflichtung sich nicht nur auf das Innenverhältnis zum Besteller beschränken und der Exporteur nicht nur bloß die Auszahlungen aus dem Darlehen entgegennehmen können soll. Vielmehr kann die Interessenlage des Exporteurs nur darauf gerichtet sein, dass er die Erfüllung des Darlehensvertrages bei Vorliegen der Inanspruchnahmevoraussetzungen auch fordern kann.