iii) Die deckungsfähige Forderung
Gegenstand der Deckung ist die im Kreditvertrag zwischen Kreditinstitut und ausländischem Schuldner vereinbarte und in der Garantieerklärung bezeichnete Geldforderung auf Rückzahlung des an den deutschen Exporteur ausgezahlten Kreditbetrages. Rückzahlungsansprüche, die durch Auszahlungen bereits vor Stellung des Deckungsantrages entstanden sind, können grundsätzlich nicht in die Finanzkreditdeckung einbezogen werden, auch wenn die Deckung als solche trotz der verspäteten Antragstellung ausnahmsweise noch übernommen werden sollte. Anders verhält es sich bei Auszahlungen, die nach Stellung des Deckungsantrages, aber noch vor endgültiger Entscheidung über diesen Antrag erfolgt sind. Solche Auszahlungen werden mangels Deckung zwar zunächst auf eigenes Risiko der Bank vorgenommen, können jedoch in die Deckung einrücken, wenn die beantragte Finanzkreditdeckung übernommen wird und die Haftungsvoraussetzungen erfüllt sind.
Als Darlehenswährung kommen sowohl EUR als auch eine Fremdwährung in Betracht, wobei hinsichtlich der Vereinbarung von Fremdwährungskrediten in erster Linie der US-Dollar eine signifikante Bedeutung in der Praxis erreicht. Einer Währungskongruenz zwischen Kredit- und Exportvertrag bedarf es nicht, beide Währungen können also auseinanderfallen (z. B. EUR für den Exportvertrag, USD für den Kreditvertrag). In derartigen Fällen muss allerdings sichergestellt sein, dass der Darlehensbetrag unter Berücksichtigung möglicher Kursänderungen ausreicht, um den kreditierten Teil der Exportforderung zu erfüllen. Ggf. ist der Kreditvertrag zunächst währungskongruent darzustellen und erst mit sukzessiver Auszahlung in die Fremdwährung zu „drehen“.
Der im Kreditvertrag vereinbarte Darlehensbetrag darf grundsätzlich nicht höher sein als der vom Bund genehmigte Kreditteil des Exportgeschäftes, ggf. unter Einschluss von Mehrpreisforderungen durch Anwendung von Preisgleitklausel. Genehmigungsfähig sind im Regelfall 85 % des Auftragswertes. Eine Abweichung hiervon kann sich bei der Kapitalisierung sog. „Bauzeitzinsen“ ergeben. Wird ein Geschäft über einen Lieferantenkredit finanziert, setzt die Verzinsungspflicht in der Regel erst mit voller Vertragserfüllung, d. h. im Anlagengeschäft mit Betriebsbereitschaft ein. Der Exporteur muss die ihm hieraus erwachsende Vorfinanzierungslast kalkulatorisch berücksichtigen und soweit möglich durch Erhöhung des Kaufpreises ausgleichen. Wird jedoch für das Geschäft ein gebundener Finanzkredit eingesetzt, der vor Betriebsbereitschaft an den Exporteur ausgezahlt wird, erspart der Exporteur die erwähnten Vorfinanzierungskosten zumindest teilweise, sodass von ihm eine entsprechende Korrektur des Kaufpreises erwartet wird. Damit sinkt auch der zu finanzierende Teil des Exportgeschäftes und damit der Finanzkredit betragsmäßig entsprechend. Wenn nunmehr der ausländische Schuldner eine Kapitalisierung der Zinsen bis Betriebsbereitschaft erwartet, weil er durch den Einsatz eines gebundenen Finanzkredits liquiditätsmäßig nicht schlechter gestellt werden will als bei einem Lieferantenkredit, würde sich der Darlehensbetrag infolge der Kapitalisierung – Gleichheit des Refinanzierungszinssatzes des Exporteurs und des Zinssatzes für den Finanzkredit unterstellt – wieder um den Betrag erhöhen, um den der Exporteur zuvor den Kaufpreis reduziert hat. Unter diesen Gesichtspunkten ist gegen eine Kapitalisierung der Bauzeitzinsen und deren Einschluss in die gedeckte Darlehensforderung grundsätzlich nichts einzuwenden. Dem steht auch der OECD-Konsensus nicht entgegen, der gemäß Art. 14 lit. a nur eine Zinskapitalisierung während der Kreditlaufzeit verbietet.
Eine andere Frage ist, bis zu welcher Höhe man die Kapitalisierung im Rahmen eines Finanzkredits zulassen will. Der OECD-Konsensus, der nur die Perspektive des Lieferantenkredits regelt, sagt dazu nichts. Unter dem Aspekt der Gleichstellung mit einem Lieferantenkredit wäre es an sich auch beim Finanzkredit nur gerechtfertigt, die Kapitalisierung der Bauzeitzinsen äußerstenfalls zu 85 % zu ermöglichen und die restlichen 15 % als Barzahlung zu verlangen. Denn beim kalkulatorischen Einschluss dieser Zinsen in den Auftragswert beim Lieferantenkredit wären darauf nach dem OECD-Konsensus ebenfalls An- und Zwischenzahlungen von mindestens 15 % zu zahlen. So war lange Zeit die deutsche Haltung zu dieser in der internationalen Diskussion nicht ganz unumstrittenen Frage. Nachdem freilich beim Finanzkredit zwischenzeitlich die meisten anderen staatlichen Exportkreditversicherer eine Kapitalisierung der Bauzeitzinsen zu 100 % und entsprechender Zahlung aus dem Kredit zulassen, ist der Bund seit März 2005 auf diese damit international üblich gewordene Praxis eingeschwenkt. Dies vermeidet zum einen Nachteile deutscher Exporteure, wenn konkurrierende ausländische Exporteure von ihren staatlichen Exportkreditversicherern bei einem Angebot mit 100 % Zinskapitalisierung unterstützt werden, zum anderen vereinfacht die Bedingungskongruenz die Kooperation mit anderen Kreditversicherern bei Multi-Sourcing-Projekten und in Rückversicherungsfällen.
Die Großzügigkeit des Bundes zur Kapitalisierung von Bauzeitzinsen könnte zu Überlegungen Veranlassung geben, zur Reduzierung des An- und Zwischenzahlungsbetrages bestimmte Zins- bzw. Kostenpositionen als Bauzeitzinsen auszugeben, die es der Sache nach nicht sind. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass Bauzeitzinsen nur solche Zinsen sind, die vom ausländischen Schuldner als Nehmer des Finanzkredites nach dem Darlehensvertrag für die (zeitlich begrenzte) Kapitalzurverfügungstellung geschuldet werden, und zwar hier in Gestalt von Auszahlungen bis zum Beginn der eigentlichen Kreditlaufzeit.
In jedem Falle unzulässig ist eine Zinskapitalisierung über den Beginn der Kreditlaufzeit hinaus. Nicht deckungsfähig sind ferner Provisionsansprüche, Schadensersatzforderungen, Vertragsstrafen, Reuegeld oder sonstige Nebenforderungen, und zwar unabhängig davon, ob sie vertraglich ausdrücklich vereinbart sind oder sich aus allgemeinen Rechtsgrundsätzen ergeben. Als Schadensersatzforderung ausgenommen ist lediglich der Anspruch auf sog. breakage costs als Zinsschaden im Falle sofortiger Kreditfälligstellung.